Wir leiden an einer Multisystem-Erkrankung mit einem neuromuskulärem Erscheinungsbild. Das bedeutet, das es selbst für Ärzte schwierig sein kann, unser Krankheitbild sofort richtig einzuschätzen wenn keine speziellen Hintergrundinformationen vorliegen.
Noch schwieriger ist es mit Menschen, die möglicherweise in unserem nahen Umfeld, in der Nachbarschaft leben oder uns vielleicht einfach nur ab und zu begegnen.
Viele Personen erkennen, dass mit uns etwas nicht stimmt. Sie können jedoch nicht auf den ersten Blick einschätzen was es ist. Häufig existieren auch falsche Vermutungen, manchmal auch Vorurteile. So bilden sich viele Menschen halt ihre eigene Meinung.
Damit beginnt dann das Problem. Jemand sieht, wie ich mich ungeschickt beim Laufen bewege. Manchmal sieht es aus, als hätte ich Gleichgewichtsprobleme. Manchmal so, als hätte ich Schmerzen. Meine Arme und Hände sind verkrampft und machen manchmal komische Bewegungen. Das Gesicht läßt aufgrund der verkrampften Mimik nicht erkennen, wie es mir gerade geht. Lächeln sieht man mich selten. Heute gehe ich vielleicht am Stock, morgen wanke und schleiche ich ohne Hilfsmittel zur Bushaltestelle und dann plötzlich sitze ich in einem Rollstuhl.
Das stösst nun auf Unverständnis. Die Menschen im Umfeld stellen Vermutungen an. Manche überwinden Ihre Scheu und fragen, was passiert ist. Sie vermuten einen schweren Unfall. In diesem Fall hat man dann die Chance zu versuchen, das äußerst komplexe Krankheitsbild mal eben schnell zu erklären. Das kann durchaus eine Herausforderung sein. Trotzdem empfinde ich es als angenehmer, wenn mich jemand fragt, als wenn er seine eigenen, möglicherweise falschen Vermutungen anstellt. Was erzähle ich dieser Person nun? Dazu später.
Personen, die mich nicht gefragt haben kommen dann mit Äusserungen wie: "Der kann doch gar nicht behindert sein. Der makiert nur. Sitzt gestern im Rollstuhl und kann heute plötzlich wieder gehen. Querschnittsgelähmte können nicht mehr gehen ... u.s.w.
Am einfachsten wäre es nun, wenn man die Stärke hätte, über solche Äußerungen einfach hinweg zu hören. Einige der Kennedys können das. Andere jedoch nicht und die leiden unter den Vorurteilen und falschen Behauptungen.
Ein weiteres Beispiel: Sie haben möglicherweise gerade frisch Ihre Diagnose einer "unheilbaren Krankheit" bekommen und sollen sich nun um ärztliche Bescheinigungen bemühen um Ihre Hilfsmittelversorgung zu beantragen, einen Schwerbehindertenausweis zu erhalten u.s.w. Hier sind Sie auf kompetente Ärzte angewiesen, die Sie unterstützen. Wenn Sie dem Arzt dann erklären, dass Sie Probleme beim Gehen haben, möglicherweise häufiger einfach stürzen und der Arzt Ihnen dann sagt: "Wieso, Sie laufen doch noch ganz gut!" Ja, er hat Sie genau 20 Sekunden gehen sehen, wenn überhaupt. Vom Wartezimmer bis ins Besprechungszimmer. Hier müssen Sie dann die entsprechenden Informationen liefern können. Der Arzt hat unter Umständen noch nie etwas über ihre/diese seltene Erkankung gehört. Der bräuchte erst einmal eine gewisse Vorlaufzeit zum Googeln oder Nachschlagen... wenn er diese Zeit dann überhaupt hat oder bereit ist, sich diese zu nehmen.
Nächstes Beispiel:
Sie stürzen um die Mittagszeit im Zug die Treppe herunter und bleiben unten liegen. Die Leute gehen rechts und links starrend an Ihnen vorbei. Vielleicht macht noch jemand ein Foto mit seinem Handy aber helfen... leider nein.
Warum ist das so, warum betrachtet man uns anders? Diese Frage stand schon oft im Raum. Beim letzten bundesweiten Treffen der an Kennedy Erkrankten gab Frau Dr. A.D. Sperfeld, die ich durchaus als Koriphäe in der Kennedy Forschung bezeichnen möchte, eine Antwort. Das Krankheitsbild des Kennedy Patienten zeigt unter anderem Gangunsicherheiten die auf Gleichgewichtsstörungen deuten lassen. Viele Aussenstehende vermuten, dass man möglicherweise betrunken ist oder unter dem Einfluß von Drogen steht. Generell besteht gegen solche Personen eine Abneigung.
Betrunkene werden oft einfach unbeachtet, links liegen gelassen.
Diese schmerzliche Erfahrung kann ich nur bestätigen. Wer mittags um zwölf ohne ersichtlichen Grund die Treppe herunterfällt, kann nur betrunken sein. Eine weitere Geschichte hierzu können Sie hier (LINK) nachlesen.
Wie erkläre ich nun die Krankheit SBMA oder Kennedy's Disease mit wenigen Worten ohne mein Gegenüber zu überfordern?
- Viele äusserlichen Symptome entsprechen der einer ALS (die kennt in der Regel jeder, weil ALS durch die Ice Bucket Challenge einen hohen Bekanntheitsgrad errungen hat).
- Tagesformabhängiges Befinden. Heute so, morgen so und übermorgen anders!
- Probleme beim Gehen.
- Probleme beim Treppensteigen.
- Probleme beim Aufstehen nach einem Fall.
- Fatigue (plötzliche Erschöpfung, körperlich und/oder geistig).
- Plötzlich auftretende Erstickungsanfälle (Laryngospasmen => Stimmritzenkrämpfe).
- Plötzlich auftretende Störungen in den Beinen, Armen, Fingern (z.B. Unfähigkeit die Finger zu benutzen. Reissverschluss, Türschlüssel, Schreiben u.s.w.)
- Muskelschwund
- Unverständliche Sprache.
- Gestörte Gesichtsmimik
- Unfähigkeit bestimmte Nahrung zu essen.
- Unfähigkeit in bestimmten Situationen zu sprechen.
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